Freundschaft kennt keine Hindernisse
»Kirche Kunterbunt« im Augustinum Berchtesgadener Land:
Wenn Kinder und Erwachsene gemeinsam begreifen, was Vertrauen bedeutet
Manchmal braucht es einen Rollstuhlparcours, um zu verstehen, was Nähe wirklich bedeutet. Manchmal muss man Hindernisse aus Bierbänken und Umwegen wegräumen, um zu begreifen: Freundschaft ist keine Sonntagsrede, sondern harte Arbeit. Am vergangenen Sonntag haben im Augustinum Familien aus der ganzen Region genau das erlebt – bei einer »Kirche Kunterbunt«-Veranstaltung, die zeigte, wie biblische Geschichten plötzlich ganz gegenwärtig werden können.
»Freundschaft« – das Wort lag auf einem Zettel, versteckt in einem Haus aus Bauklötzen. Die Kinder mussten danach suchen, wie nach einem Schatz. Eine kleine Metapher für das, was folgen sollte: dass die größten Wahrheiten oft dort zu finden sind, wo man sie nicht gleich vermutet.
Dann die Geschichte von Ben, dem gelähmten Mann, und seinen vier Freunden. Eine Geschichte, die jeder kennt, der einmal Religionsunterricht hatte. Aber hier wurde sie nicht nur erzählt, sondern gespielt, erlebt, durchlitten. Die Darsteller spielten mit so viel Authentizität, dass es mucksmäuschenstill wurde im Publikum. Man spürte förmlich, wie sich die Frage stellte: Würde ich das auch tun? Würde ich alle Hindernisse aus dem Weg räumen für einen Freund?
»Aneinander glauben, miteinander glauben, füreinander glauben« – diese Formel zog sich durch den ganzen Nachmittag. Keine hohlen Worte, sondern gelebte Praxis an sieben Stationen, die das Thema Freundschaft mit allen Sinnen erfahrbar machten. Beim Zusammenhalten mit Bierkisten wurde die Kraft der Gemeinschaft spürbar, bei der Freundschaftsband-Station entstanden bunte Armbänder als Zeichen der Verbundenheit.
Besonders eindrücklich war der Rollstuhlparcours – eine Erfahrung, die manchen Teilnehmern die Augen öffnete für die täglichen Herausforderungen von Menschen mit Behinderungen. Hier wurde deutlich: Barrieren sind nicht nur baulich, sie entstehen auch in den Köpfen. Umso schöner, wenn sie dort auch wieder verschwinden können.
Die Musik lag in den bewährten Händen von Stefanie Witte, die mit Liedern wie »Wer zu mir kommt« und »Das wünsch ich sehr« für die passende Atmosphäre sorgte. Ihre einfühlsame Art, die Töne in den Ablauf zu weben, trug wesentlich zu der besonderen Stimmung bei, die an diesem Nachmittag entstehen konnte.
Was solche Veranstaltungen erst möglich macht, ist allerdings die Arbeit im Verborgenen. Rupert Schlag vom Vorbereitungsteam hatte stundenlang Freundschaftsketten vorbereitet, damit jedes Kind ein selbstgemachtes Andenken mit nach Hause nehmen konnte. Tina Pfnür, die Leiterin des örtlichen Kindergartens, organisierte nicht nur Spielgeräte und Material, sondern sorgte auch dafür, dass alle praktischen Aspekte reibungslos funktionierten. Solche Menschen machen den Unterschied – sie sind es, die aus Ideen Wirklichkeit werden lassen.
Einen großzügigen Partner fand die Veranstaltung im Augustinum, das nicht nur alle Räumlichkeiten kostenlos zur Verfügung stellte, sondern auch das gemeinsame Abendessen sponserte. Die warmen Nudeln nach dem ereignisreichen Nachmittag rundeten das Gemeinschaftserlebnis ab – und boten Gelegenheit für jene Gespräche, die oft wichtiger sind als alle geplanten Programmpunkte.
Der Abschluss: ein Segen im Kreis, bei dem Familien sich gegenseitig die Hände auflegten. Jung und Alt nebeneinander, verschiedene Konfessionen vereint. Eine stille Verbundenheit, die deutlich machte: Hier war mehr entstanden als nur ein schöner Nachmittag.
»Wenn wir für unsere Freunde da sind und mit ihnen zu Jesus gehen, können Wunder geschehen« – das war die Botschaft, die die Teilnehmer mit nach Hause nahmen. An diesem Sonntag war spürbar geworden, dass solche Sätze mehr sind als fromme Floskeln. Dass Freundschaft tatsächlich keine Hindernisse kennt – weder bei Ben und seinen Freunden noch bei den Familien, die gemeinsam einen unvergesslichen Nachmittag erlebt hatten.
Die nächste »Kirche Kunterbunt« ist bereits in Planung. Gut so. Denn wie das Theaterstück gezeigt hat: Gemeinsam ist vieles möglich – manchmal sogar das, was unmöglich scheint.
Text: Martin Kienast; Foto: Daniel Jägers